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Sammlung von Texten
zur Karawane nach Genf 98
1. Vorschlag
2. Aufruf
3. Presseerklärung
4. Bericht
"Geld oder Leben ? - Auf welcher Seite stehst du ?
"
Vorschlag zu einer Karawane nach Genf im Mai 98
von WiwA Wendland (Widerstand weltweit!-
Arbeitsgruppe)
Im Mai (18.-20.) treffen sich Minister und
andere Bonzen in Genf zur jährlichen Tagung der
Welthandelsorganisation ( WTO ), um weiter unsere Zukunft zu
verplanen. Nebenbei wollen sie ein 50-jähriges Jubiläum
des WTO-Vorläufers GATT feiern, dh seit 50 Jahren wird die
weltweite Ausbeutung von Mensch und Natur offiziell koordiniert.
Grund genug, da kräftig gegenzufeiern.
Die durch die
Globalisierung erreichte Macht der Konzerne und Spekulanten
genügt ihnen jedoch noch lange nicht. In
geheimen Verhandlungen der OECD (Industriestaaten) wurde ein
Vertrag "zum Schutz von Investitionen" erarbeitet, der
den unterzeichnenden Staaten praktisch alles verbietet, was den
Interessen von Investoren widerspricht. Gesetzliche Regelungen
zum Umweltschutz oder zur sozialen Sicherung wären nur noch
möglich bei entsprechender "Entschädigung"
der Kapitalisten, angesichts der leeren öffentlichen Kassen
also unmöglich.
Dieser Vertrag, genannt
"Multilateral Agreement on Investment" (MAI) soll
Bestandteil der WTO werden. Es ist zu befürchten, daß
viele Staaten den Vertrag unterzeichnen, um Investoren anzulocken
und die restlichen Staaten dadurch noch mehr unter Druck geraten.
Einmal unterzeichnet, kann ein Staat frühstens nach 5 Jahren
aussteigen, und muß selbst dann noch weitere 15 Jahre die
Regeln des MAI befolgen. Die Demokratie wird damit vollends zur
Marionette, da sie nur noch beschließen kann, was das
Kapital will.
Dieses Ermächtigungsgesetz kann nur
verhindert werden, wenn ein breites öffentliches
Bewußtsein über seine Konsequenzen entsteht. Nutzen wir
den Mai um das MAI zu verhindern!
In Deutschland und den
anderen Industriestaaten wurde bisher kaum über GATT und WTO
diskutiert, da ihre destruktiven Auswirkungen bisher
hauptsächlich in den sogenannten
"Entwicklungsländern" zu spüren waren. In den
Widerstandsbewegungen dort ist es jedoch schon lange Thema. Sie
haben sich bei einem Treffen im August 97 in El Indiano in
Spanien zu einem Aktionsbündnis mit dem Namen "Peoples
Global Aktion" ( Weltweite Aktion der Leute /Völker
) zusammengeschlossen. Vom 23.- 25. Februar veranstalten sie
eine Anti-WTO-Konferenz in Genf, auf der auch weltweite
dezentrale Aktionen im Mai koordiniert werden
sollen.
Große Schatten werfen ihre Ereignisse
voraus
Das dezentrale Konzept soll dafür sorgen,
daß die Möglichkeiten der Leute sich an Aktionen aktiv
oder passiv zu beteiligen, nicht auf einen Ort (Genf)
beschränkt ist. Es macht jedoch zentrale Aktionen nicht
überflüssig, da ein großer Teil der Bevölkerung
auf Berichte von Medien angewiesen ist, und diese meist
Brennpunkte brauchen, um eine Sache zum Thema zu machen. Die
Aktionsform Karawane ist sowohl dezentral als auch zentral und
bietet viele Kontakte zwischen politisch aktiven Gruppen.
Dazu kommt der Vorteil, daß sie über einen
längeren Zeitraum vorher die Aufmerksamkeit auf diese Sache
lenkt. Im Wendländischen Widerstand gegen Atomanlagen haben
wir gute Erfahrungen mit dieser Aktionsform gemacht (Treck nach
Hannover 79 ,Castornix-Karawanen 94 bis 96 ). Auch bei den
Castortransporten selbst hat sich der mobilisierende Effekt von
Aktionen in der Zeit davor gezeigt.
Zum Motto "Geld oder Leben ?"
Die WTO - Ministerkonferenz ist zwar der
Anlaß der Aktionen und ein wesentliches Ziel ist es auch
Bewußtsein über die Bedeutung von WTO und MAI zu
schaffen. Dennoch glauben wir, daß wir das Thema
breiter fassen sollten, um möglichst viele Leute
anzusprechen. WTO und MAI sind Werkzeuge der Neoliberalen, die
Herrschaft des Geldes über alle Lebensbereiche zu
verfestigen und zu verabsolutieren. Alle Werte, die nicht in
Geldwerte umzusetzen sind, werden langsam aber
sicher zerstört und damit auch unsere Lebensgrundlagen und
die Würde der Menschen. Die Logik des Geldes reduziert das
Leben auf eine Dimension. Es wird zu einem Wettlauf, bei dem es
nur wenige Gewinner und viele Verlierer gibt. Es fördert das
Gegeneinander und unterdrückt das Miteinander.
Wir
alle sind von dieser Entwicklung betroffen und dennoch ist bisher
noch kein nennenswerter gemeinsamer Widerstand dagegen sichtbar
geworden. Es gibt Widerstand gegen vielerlei Auswirkungen
des neoliberalen Angriffs, doch haben wir nur dann eine Chance,
wenn wir themenübergreifend die gemeinsamen Ursachen
analysieren und dagegen vorgehen.
"Geld oder Leben
?" sehen wir als gemeinsame Fragestellung einer Vielzahl von
politisch aktiven oder zumindest interessierten Menschen. Sie
fordert sowohl die Gesellschaft als Ganzes als auch jeden einzelnen
Menschen auf, ihre Entscheidung über Ziele und
Prioritäten zu überdenken.
Zur Karawane selbst
Wir stellen uns vor, daß sich die
Karawane im Fahrradtempo bewegt und Fahrräder auch das
überwiegende Verkehrsmittel darstellen. Dazu kämen
einige Wägen mit Trecker bzw Zugmaschinen oder LKWs ,die
die nötige Ausrüstung transportieren (Volksküche,
Zelte, Bühnenwagen, usw.).
Unsere Lebenspraxis
während der Karawane muß im Einklang stehen mit den
solidarischen politischen Vorstellungen, die wir dabei vertreten.
Deshalb ist es uns wichtig, daß sich
jedermensch unabhängig von seiner/ihrer finanziellen Lage
daran beteiligen kann. Für die Verpflegung steht uns die
wendländische Volksküche zur Verfügung, falls
nicht zeitgleich ein Castor nach Gorleben rollt.Bisher hat nach
dem Grundsatz "JedeR gibt, was er/sie kann und nimmt, was
er/sie braucht" immer recht gut funktioniert.
Für
die Übernachtung wollen wir große Zelte organisieren,
haben aber auch nichts dagegen, wenn jemand lieber in seinem
eigenen kleinen Zelt schlafen will. Wesentlich für die Tour
sind die Abende an den Übernachtungsorten. Sie bieten Zeit
und Raum für Begegnungen und Austausch zwischen den
Reisenden und interessierten Menschen der Region. Mit Musik,
Theater, Videos, Ausstellungen, Büchertischen und so weiter
wollen wir aktiv sein und doch die Lebensfreude nicht zu kurz
kommen lassen.
Wir begrüßen es, wenn auch Kinder
mitgenommen werden, und werden uns bemühen, das in der
Planung zu berücksichtigen.
Zur
Tourplanung
Die Kernstrecke der Karawane wird von Frankfurt
bis Genf gehen. Frankfurt ist deutsches Finanzzentrum, Stadt der
Banken und der Börse. Dort könnten sich mehrere
Teilkarawanen, Gruppen und Einzelne wie bei einer Sternfahrt
treffen und gemeinsam nach Genf weiterziehen. Wir würden vom
Wendland aus eine Teilkarawane beginnen lassen, wünschen uns
aber, daß sich auch in anderen Gegenden - besonders in
Ostdeutschland - noch Karawanen bilden. Für die Strecke
Frankfurt- Genf haben wir zwei Wochen veranschlagt. Am Samstag
den 2.5 wäre Ankunft in Frankfurt, dann ein
fahrtfreier Sonntag zum treffen, kennenlernen, diskutieren und
planen.
Dann folgende Tagestouren: ( ! = es gibt örtliche Vorbereitungsgruppe ? =
noch keine )
Mo 4.5 Darmstadt ? (30km) Di 5.5 Heidelberg ? (55) Mi
6.5 Karlsruhe ! (50) Do 7.5 Offenburg ? (65) Fr 8.5 Freiburg
! (60) Sa 9.5 Basel ! (60). Dann folgt
auch in Basel wieder ein freier Tag zum erholen, feiern oder
diskutieren. Er kann auch als "Puffertag" dienen, falls
es Schwierigkeiten an der Grenze geben sollte.
Für
die zweite Woche in der Schweiz haben wir noch nicht genug
Infos um die Strecke festzulegen. Vor allem ist noch nicht klar,
ob wir westlich über die Jura und Biel oder weiter
östlich über Bern fahren. Lausanne am Fr 15.5 und Genf
am 16.5 können wir aber schon relativ fest
legen.
Wie gehts
weiter?
Wir
sind fest entschlossen die Karawane zu machen. Wie gut sie wird,
hängt aber immer noch davon ab, wieviele Leute bereit
sind, sich aktiv an der Vorbereitung zu beteiligen. Wir sind
kein Reiseveranstalter, der alles konsumfertig organisiert,
sondern eine kleine politische Gruppe, die mit euch gemeinsam
etwas auf die Beine stellen will. Wenn ihr mitfahren wollt,
meldet euch frühzeitig, damit wir abschätzen
können, wieviele wir werden.
Das nächste
Vorbereitungstreffen wollen wir am 7./8. März
in Süddeutschland machen, wahrscheinlich in
Freiburg.
Geld oder Leben ?"
Aufruf zu einer Karawane nach Genf im Mai 98 zur
WTO-Ministerkonferenz
Wir erleben eine Zeit rasanter
Veränderungen. Nichts gegen Veränderungen, doch sie
gehen genau in die falsche Richtung. Weltweit
dieselbe Entwicklung: Die Armen werden immer ärmer,
während die Reichen immer reicher werden. Das schlimme daran
ist, daß es dabei nicht nur um materielle Ungerechtigkeit
geht. Auch Freiheit, Würde und eine gesunde Umwelt werden
mehr und mehr zu Waren, die von Reichen in Anspruch genommen
werden können, aber den Armen vorenthalten werden. Anstatt
die Armut zu bekämpfen, wird ein Krieg gegen die Armen
geführt.
Während für Kapital und Waren die
Grenzen abgebaut werden (Globalisierung), werden für
Menschen mit wenig Geld neue Grenzen aufgebaut. Sowohl auf
großräumiger (z.B "Festung Europa") als auch
auf lokaler Ebene sichern sich die Reichen Gebiete, wo sie
ungestört vom Anblick der Armut unter sich sein
können.
Die Aufteilung der Regionen nach Reichtum hat
auch ökologische Bedeutung. Die giftigsten und riskantesten
Unternehmungen (zB Atomenergieanlagen) werden meist in den
ärmsten Gebieten angesiedelt. Bestenfalls werden
die Schäden durch einen verschwenderischen Lebensstil
für wenige (zB Luftverkehr) auf alle
verteilt.
Stoppt
den neoliberalen Wahnsinn !
Dieses Prinzip der
Privatisierung des Nutzens und der Sozialisierung
der Schäden gilt auch für die Verantwortung
wirtschaftlicher und politischer Entscheidungen. Während die
Gewinne gerne als persönliche Leistungen eingesteckt werden,
will für die sozialen und ökologischen Folgen
einer Entscheidung niemand die Verantwortung tragen. Dann liegt
es plötzlich an unvermeidbaren Sachzwängen, anonymen
Mächten wie dem Markt oder den Konsumenten, die das ja haben
wollen.
Alles soll dem "freien" Wettbewerb
unterworfen werden, dann wirds der Markt schon regeln. Die
Erfahrungen zeigen jedoch, daß der "freie"
Markt alles nur im Sinne der Mächtigsten regelt. Soziale und
ökologische Katastrophen werden bei rein wirtschaftlicher
Betrachtung nicht mehr als zu vermeidende Unglücksfälle
gesehen sondern als Chancen, Löhne zu drücken und neue
Absatzmärkte zu erobern. Wir rasen auf einen Abgrund
zu. Doch unsere Politiker haben nichts besseres zu tun als die
Bremsen zu entfernen.
In geheimen Verhandlungen der OECD
(Industriestaaten) wurde ein Vertrag "zum Schutz von
Investitionen" erarbeitet, der den unterzeichnenden Staaten
praktisch alles verbietet, was den Interessen von
Investoren widerspricht. Gesetzliche Regelungen zum Umweltschutz
oder zur sozialen Sicherung wären nur noch möglich bei
entsprechender "Entschädigung" der Kapitalisten,
angesichts der leeren öffentlichen Kassen also
nahezu unmöglich. Dieser Vertrag, genannt "Multilateral
Agreement on Investment" (MAI) soll in diesem Frühjahr
unterzeichnet werden. Es ist zu befürchten, daß viele
Staaten den Vertrag unterzeichnen, um Investoren anzulocken
und die restlichen Staaten dadurch noch mehr unter Druck geraten.
Einmal unterzeichnet, kann ein Staat frühstens nach 5 Jahren
aussteigen, und muß selbst dann noch weitere 15 Jahre die
Regeln des MAI befolgen. Die Demokratie wird damit vollends zur
Marionette, da sie nur noch beschließen kann, was das
Kapital will. Dieses Ermächtigungsgesetz kann nur verhindert
werden, wenn ein breites öffentliches Bewußtsein
über seine Konsequenzen entsteht. Nutzen wir den Mai um das
MAI zu
verhindern!
Macht
den Standort zum Widerstandort!
Oft ist zu hören,
daß man gegen den Neoliberalismus keinen Widerstand leisten
könne, da er zwar überall wirksam, aber nirgends konkret
zu fassen sei. Er wird jedoch konkret in allen seinen
Auswirkungen und kann dort auch bekämpft werden. Wir halten
es jedoch für wichtig, daß diese Kämpfe nicht
isoliert voneinander geführt werden, sondern
im Gesamtzusammenhang gesehen werden. Der Neoliberalismus bezieht
seine Stärke aus seiner Ideologie, einem
Gedankengebäude aus Lügen und Versprechungen. Diese
muß als solche auch direkt angegriffen werden.
Auch der
neoliberale Umbau der Welt hat seine Termine und damit
Anlässe, gemeinsam dagegen vorzugehen. So treffen sich im
Mai (18.-20.) Minister und andere Bonzen in Genf zur
jährlichen Tagung der Welthandels\- organisation ( WTO ), um
weiter unsere Zukunft zu verplanen. Nebenbei wollen sie ein
50-jähriges Jubiläum des WTO-Vorläufers GATT feiern,
dh seit 50 Jahren wird die weltweite Ausbeutung von Mensch und
Natur offiziell koordiniert.
Ein Aktionsbündnis von
Widerstandsbewegungen aus aller Welt mit dem Namen "Peoples
Global Aktion" (Weltweite Aktion der Leute /Völker ) will
in dieser Zeit sowohl dezentral als auch in Genf direkt Aktionen
gegen den "freien" Handel und seine Auswirkungen
durchführen. Im Rahmen dieser Aktionen wird auch unsere
Karawane stattfinden. In den 3 Wochen davor wollen wir schon mal
eine Menge Aufmerksamkeit auf dieses Ereignis lenken und uns dann
auch an den Aktionen in Genf
beteiligen.
Zur
Karawane selbst
Die Karawane soll sich überwiegend
mit Fahrrädern bewegen ,diese bestimmen auch das Tempo
(15-20 km/h) und die nötigen Pausen. Dazu kämen einige
Wägen mit Trecker bzw Zugmaschinen oder LKWs ,die die
nötige Ausrüstung transportieren (Volksküche,
Zelte, Bühnenwagen, usw.).
Unsere Lebenspraxis
während der Karawane muß im Einklang stehen mit
den solidarischen politischen Vorstellungen, die wir dabei
vertreten. Deshalb ist es uns wichtig, daß sich jedermensch
unabhängig von seiner/ihrer finanziellen Lage daran
beteiligen kann. Für die Verpflegung werden wir die
wendländische Volksküche mitführen, falls nicht zur
gleichen Zeit ein Castor nach Gorleben rollt. Sie hat bisher nach
dem Grundsatz "JedeR gibt, was er/sie kann und nimmt, was
er/sie braucht" immer recht
gut funktioniert.
Für die Übernachtung wollen
wir große Zelte organisieren, haben aber auch nichts
dagegen, wenn jemand lieber in seinem eigenen kleinen
Zelt schlafen will. Wesentlich für die Tour sind die Abende
an den Übernachtungsorten. Sie bieten Zeit und Raum für
Begegnungen und Austausch zwischen den Reisenden und
interessierten Menschen der Region. Mit Musik, Theater, Videos,
Ausstellungen, Büchertischen und so weiter wollen wir aktiv
sein und doch die Lebensfreude nicht zu kurz
kommen lassen.
Wir haben inzwischen in fast allen
Übernachtungsorten Gruppen gefunden, die die örtliche
Vorbereitung übernehmen. In den meisten Städten
werden wir bei der Ankunft durch die Innenstadt touren und dort
gemeinsam mit örtlichen Gruppen eine Kundgebung (oder auch
mehr) veranstalten.
Zur
Tourplanung
Die Kernstrecke der Karawane wird von Frankfurt
bis Genf gehen. Frankfurt ist deutsches Finanzzentrum, Stadt der
Banken und der Börse. Dort werden sich mehrere
Teilkarawanen, Gruppen und Einzelne wie bei einer
Sternfahrt treffen und gemeinsam nach Genf weiterziehen. Bisher
sind folgende Teilkarawanen geplant: (? = Ort steht noch
nicht ganz fest)
Aus dem Wendland (05861/2527): Abfahrt
Lüchow 25.4 Ankunft:Sa 25.4 Wittingen? (ca 55 km)- So 26.4
Peine?(55) - Mo 27.4 Hildesheim (30) - Di 28.4 Seesen? (50) - Mi
29.4 Göttingen (50) - Do 30.4 Bebra? (80) - Fr 1.5
Grünberg? (80) - 2.5 Frankfurt (60)
Aus dem Osten
(0351/8028863): Abfahrt Dresden Do 23.4 Ankunft:Do 23.4 Freiberg
(35) - Fr 24.4 Chemnitz (30) - Sa 25.4 Gera (60) - So 26.4 Jena
(40)- Mo 27.4 Erfurt (35) - Di 28.4 Haina (b Eisenach) (75)-
Pause - Do 30.4 Bebra? (60) - Fr 1.5 Grünberg? (80) -
2.5 Frankfurt (60)
Für die Strecke Frankfurt- Genf
haben wir zwei Wochen veranschlagt. Am Samstag den 2.5 wäre
Ankunft in Frankfurt, dann ein fahrtfreier Sonntag zum treffen,
kennenlernen, diskutieren und planen. Einen weiteren
freien Sonntag haben wir am 10.5 in Basel eingeplant. Er dient
auch als Zeitreserve, falls es an der Grenze Schwierigkeiten
gibt.
Mo 4.5 Darmstadt (30km) - Di 5.5 Heidelberg (55) - Mi
6.5 Karlsruhe (50) - Do 7.5 Offenburg? (65) - Fr 8.5 Freiburg
(60) - Sa 9.5 Basel (60). Mo 11.5 Aarau (55) - Di 12.5 Burgdorf?
(60) - Mi 13.5 Bern (25) - Do 14.5 Fribourg (30) - Fr 15.5
Lausanne (60) - 16.5 Genf (60)
In Genf werden am 16.5 mit
einer "Global Street Party" die direkten Aktionen zur
WTO Ministerkonferenz eingeleitet, die bis zum 20.5 dauert. Um
die Rückreise muß sich jeder selbst kümmern, es wird
aber sicher auch Gelegenheiten zur Gruppenbildung für die
Rückfahrt
geben.
Dokumentation
Um auch Menschen, die nicht dabei waren,
über die Karawane informieren zu können, wollen wir sie
so gut wie möglich dokumentieren. Die Video-Gruppe AK-Kraak
will uns begleiten und Aufnahmen machen. Wir werden
Photos, Zeitungsmeldungen und ähnliches sammeln und
vielleicht eine gedruckte Dokumentation herausgeben. Während
der Karawane wird es ein gemeinsames Tagebuch geben, in das
Mitfahrer und Besucher Eindrücke, Gedanken und Meinungen
dazu schreiben können. Die örtlichen Gruppen werden
jeweils eine Stelltafel zu ihren Problemen und Kämpfen
erstellen, so daß auf dem Weg nach Genf eine große
vielseitige Ausstellung entstehen
wird.
Mitmachen ?
Die politische Wirkung der Karawane wird davon
abhängen, wieviele Leute bereit sind, sich aktiv daran zu
beteiligen oder sie sonstwie zu unterstützen. Am wichtigsten
sind uns natürlich Leute ,die mitfahren, auch wenn es
vielleicht nur für eine Teilstrecke ist. Doch bedenkt,
daß wir kein Reiseveranstalter sind, der alles konsumfertig
organisiert, sondern eine kleine politische Gruppe, die mit euch
gemeinsam etwas auf die Beine stellen will. Besonders freuen
würden wir uns über die Beteiligung
von Straßenkünstlern (Musik, Theater ...).
Wenn
ihr mitfahren wollt, meldet euch frühzeitig, damit wir
abschätzen können, wieviele wir
werden.
Presseerklärung zur Fahrradkarawane "Geld oder
Leben ?"
Vom 18. -20 Mai
soll in Genf eine Ministerkonferenz
der Welthandelsorganisation
WTO stattfinden und ein 50-jähriges Jubiläum des
WTO-Vorläufers GATT gefeiert werden. Viele Menschen ,
besonders aus den sogenannten Entwicklungsländern"
sehen darin jedoch keinen Grund zum Feiern sondern eher zum
Protestieren. Sie haben sich zum Aktionsbündnis PGA (
Peoples Global Aktion - Weltweite Aktion der
Völker) zusammen-geschlossen, um auf die negativen Folgen des
von WTO und GATT propagierten
"freien" Handels aufmerksam zu machen. Dazu werden sie im
Mai sowohl in Genf als auch dezentral in vielen Städten der
Erde Aktionen durchführen.
Im Rahmen dieser Aktionen wird auch eine
Fahrradkarawane aus Deutschland nach Genf stattfinden. Vom
2.Mai in Frankfurt ,dem deutschen Finanzzentrum, bis zum
16.Mai in Genf wird es jeden Abend in einer
anderen Stadt Kundgebungen, Infoveranstaltungen, Konzerte und
ähnliches geben. Schon vorher werden Teilkarawanen nach
Frankfurt starten, so eine aus Lüchow im
Wendland am 25.April und eine aus Dresden am
23.April.
Das Motto der Karawane "Geld oder
Leben ?" ist etwas weiter gefaßt als
"Frei"handel und WTO . Es ist gedacht als Frage nach den
Prioritäten gesellschaftlicher und politischer Entscheidungen.
In den vom Neoliberalismus geprägten letzten
Jahren hat das Geld eine Vorrangstellung über alle
anderen Lebensbereiche bekommen. Diese Macht zerstört durch die
ökologische Krise die allgemeinen Lebensgrundlagen und durch
die soziale Krise die Menschenwürde.
Die Krönung dieser ökologisch und
sozial verheerenden Entwicklung ist das Multilaterale Abkommen
für Investitionen ( MAI ), das derzeit von der OECD verhandelt
wird und noch in diesem Frühjahr unterzeichnet werden soll. Es
würde die unterzeichnenden Staaten für mindestens 20 Jahre
auf eine Politik festlegen, die den Interessen von internationalen
Konzernen und anderen Finanzmächten zu dienen hat und ihnen
keinesfalls widersprechen darf. Für demokratische
Entscheidungen bliebe also nur noch eine Spielwiese von
Belang-losigkeiten, während die wichtigen Bereiche vom
Profitinteresse der Wirtschaft beherrscht werden. Die
Aufklärung über das MAI soll deshalb auch eine zentrale
Aufgabe der Karawane sein.
Daneben sollen aber auch die Zusammenhänge der Macht
des Geldes zu Themen wie Atomenergie, Autobahnbau, sozialer
Ausgrenzung und Vertreibung,Faschismus, Gentechnik,
Obdach-losigkeit, Rassismus und Sexismus dargestellt werden. In
jeder Stadt soll ein anderes Thema im Mittelpunkt stehen. Damit will
die Karawane dazu beitragen, die Isolierung zwischen diesen Bereichen
politischer Arbeit zu überwinden.
Die Idee der Karawane ist entstanden
auf einem bundesweiten Treffen von Solidaritätsgruppen, die zu den Vorgängen in
Chiapas (Mexico) arbeiten. Koordiniert wird die Karawane
von der "Widerstand weltweit Arbeitsgruppe
Wendland" , die erkannt hat, daß die
Castortransporte nicht das einzige sind, wogegen Widerstand
geleistet werden muß. Aus dem Widerstand gegen Atomenergie
nimmt sie außer Erfahrungen und Informationen auch einen Wagen der
Wendländischen Volksküche mit auf die Reise. Wie bei den
Anti-Castor-Camps wird die Volksküche nach dem Grundsatz
"JedeR gibt, was sie/er kann und nimmt, was sie /er
braucht" die Verpflegung sicherstellen, aber auch
eine solidarische Alternative zum neoliberal glorifizierten Leistungsprinzip
erlebbar
machen.
Kurzbericht
über die Karawane "Geld oder
Leben ?"
Die letzte Woche vorm Start war stressig und
enttäuschend. Mehrere der Leute, die mit uns starten
wollten, sagten dann doch noch aus unterschiedlichen Gründen
ab oder erschienen einfach nicht.
So waren wir schließlich auf dem ersten Teil der Strecke
nur 5 Leute, eine reine Männergruppe. Den ersten halben Tag
begleitete uns auch noch ein 76-jähriger, so kamen wir auf ein
Durchschnittsalter von ca 46 Jahren. Im Verlauf der Karawane wurde
die Gruppe jedoch entschieden jünger und weiblicher.
In Lüchow wurden
wir auf dem Marktplatz von der BI verabschiedet und bekamen noch
eine Stelltafel zu Gorleben mit. Dann gings endlich los über
Salzwedel nach Wittingen und am nächsten Tag zum Hämeler
Wald bei Peine. Hier übernachteten wir spontan und unangemeldet
an Nebenwegen und Parkplätzen. Als geübten Radfahrern
bereiteten uns die Fahrtstrecken keine Schwierigkeiten, so daß wir abends
und morgens noch Zeit hatten, all das in Ordnung zu bringen, was in der Hektik des Aufbruchs zu kurz
kam, ua die vielen kleinen
Macken des LKW zu reparieren.
In Hildesheim kamen wir
erstmals in den Genuß einer
örtlicher Vorbereitungsgruppe. Wir wurden am Stadtrand begrüßt
und durch die Stadt gelotst. Am Trillke-Gut, einem
schloßähnlichen großräumigen Haus, das
vonStudenten bewohnt wird, wurde schon ein leckeres Abendessen
gekocht, als wir ankamen. Doch erstmal waren
nach 3 Tagen unzivilisierter Reise die Duschen sehr begehrt. Dann gab es in
einem neu eingerichteten Gemeinschaftsraum Essen, einen Vortrag und Diskussion zum MAI
und anschließend Fete. Mit ca 70
Leuten war der Raum gut gefüllt.
Am
nächsten Tag gabs Dauernieselregen und viele Berge, trotzdem
war die Stimmung recht gut. Es stellte sich auch heraus, daß
der LKW mehr Schwierigkeiten (kochendes Kühlwasser) mit den
Bergen hatte als die Radfahrer (auch wassergekühlt ). Wir kamen
bis kurz vor Northeim, wo wir auf einem gewöhnlichen
Landstraßenparkplatz übernachteten. Hier war die geringe Teilnehmerzahl von Vorteil, wir kamen alle im Wagen
unter.
Die Strecke nach Göttingen war kein Problem mehr,
allerdings kamen wir Radfahrer getrennt vom LKW dort an, wir hatten
uns aus den Augen verloren. Treffpunkt und Übernachtungsort war
der Bauwagenplatz. Um 4 fuhren wir mit Infostand und
Ausstellungstafeln in die Innenstadt zu einer Kundgebung auf dem
Marktplatz. Bereichert wurde das Geschehen von Straßentheater-
und Musikgruppen der "Rotzfrechen Asphaltkultur", die zur
selben Zeit in Göttingen ein Treffen hatten. Anschießend
gabs für alle interessierten ein Abendessen der Volksküche im nahegelegenen
JUZI.
Am nächsten Tag löste sich die wendländische
Teilkarawane nahezu auf. Unser ältester Mitfahrer (66)
ließ sich nicht weiter überreden und machte sich
frühmorgens auf den Weg nach Hause. Einer der beiden
verbliebenen Radfahrer kippte nach ca 10 Km vom Rad und mußte
ins Krankenhaus zur Untersuchung, der andere begleitete ihn. Also
fuhren die beiden im LKW allein weiter nach Gunkelrode, wo dann aber
auch die Dresdener Karawane dazukam. Da waren sie wieder 12 und dann
mit beiden anderen 14. Gunkelrode ist ein kleiner idyllischer
Gutshof in den Bergen bei Bebra, das Wetter war wieder gut und es
wurde ein gemütlicher Abend. Es kam viel Besuch aus der
Umgebung, auch viele Kinder waren dabei.
Dann folgte die längste und schwerste
Strecke der Karawane nach Saasen bei Gießen mit
über 100 km. Sie begann mit schönstem Sonnenschein und
anfangs auch noch bergab. Endlich stellte sich auch das richtige
Karawanengefühl ein, mit 14 Leuten ist es schon etwas anderes
als zu fünft. Nachmittags gabs eine Zwangspause wegen Gewitter.
Vor der Weiterfahrt wollten wir noch bei Mc Donalds unsere
Trinkwasserkanister füllen. Erst wurde es uns verweigert,
aber nach einem gemeinsamen Auftritt gings dann doch. Gegen 8 Uhr kamen wir schließlich in Saasen an.
Das war der letzte Abend, an dem es keine Fete gab. Wir waren alle
müde und mußten am nächsten Tag früh raus, um gegen 14 Uhr
in Frankfurt zu sein.
Wir habens dann auch so in etwa geschafft.
Polizeibegleitung hatten wir schon etwas früher, nachdem wir
vor Bad Vilbel aus Versehen und wegen schlechter Beschilderung auf
einer Autostrasse gelandet waren. Am Stadtrand gabs eine
stürmische Begrüßung von etwa 50 Leuten aus
Frankfurt und Umgebung und dann zogen wir zusammen als Demo durch
die Stadt. Mit dabei war eine Theatergruppe mit einem recht
merkwürdigen insektenartigen Fahrzeug, das mit viel Schall und
Rauch für Aufsehen sorgte. Es gab Musik und
mitreißende Reden von einen kleinen Bühnenwagen, den wir
auch für den Rest der Tour mitnehmen durften. Die Zahl
der Teilnehmer stieg noch auf etwa 150, aber das ist eigentlich
unwesentlich, es war einfach eine wunderbare Stimmung auf der Demo.
Ein bischen Pech gabs aber auch, der LKW mit dem Küchenwagen
blieb wegen kaputter Bremsanlage liegen und mußte in die
Werkstatt geschleppt werden, war aber abends wieder einsatzbereit.
Die Demo ging durch die Innenstadt und dann
nach Bockenheim. Dort gab es dann im Cafe Exzess Abendessen der
Volksküche und später ein Konzert. Viele von uns fuhren
aber wegen Müdigkeit schon bald zum Übernachten zu einem
besetzten Haus in Rödelheim.
Am nächsten (Sonntag-)Morgen durften wir
endlich mal ausschlafen, da wir noch einen Tag in Frankfurt bleiben
wollten. Gegen Mittag gabs Frühstück im Exzeß und
dann mußten wir auch schon wieder los (mit der Bahn) zum
Sonntagspaziergang an die Startbahn (der Frankfurter Flughafen soll
nämlich schon wieder erweitert werden). Am Treffpunkt gab es
eine Polizeisperre und sie wollten uns nicht ohne Personenkontrolle
in den Wald lassen. Nach langen Verhandlungen, bei denen wir auch
von Einheimischen unterstützt wurden, durften wir dann doch
rein. An einem Platz dicht am Zaun gabs einen Stand der BI mit
Infos, Kaffee und Kuchen. Wir erzählten was über
die Karawane, die BI von ihren Problemen mit dem
Flughafen und daraus ergaben sich eine Menge Gespräche,
zb über die zentrale Bedeutung des Flugverkehrs für
die globalisierte Ausbeutung. Auch eine Menge Spenden haben wir
bekommen.
Drei Leute
mußten uns in Frankfurt verlassen, doch mehr kamen dazu und so
waren wir über 20 auf dem Weg nach Darmstadt. Anlaufstelle war
der Wagenplatz Klabauta, von da ging es zu einer Demo in die
Innenstadt, wo dann ein Bohrturm in der Fußgängerzone
aufgebaut wurde. Mit einem Theaterstück wurden anhand dieser
Ölbohrung die Konsequenzen des MAI- Abkommens verdeutlicht.
Dann gings wieder zum Wagenplatz, dort kam unser
Volksküchenwagen zum Einsatz und auch das Zelt wurde zum ersten
und einzigen mal aufgebaut, um
darin Videofilme über Gorleben und Chiapas
zu zeigen.
Auf dem Weg nach Heidelberg wurden wir
erstmalig von der Polizei länger aufgehalten, allerdings nur um
den Stau aufzulösen, der sich hinter uns gebildet hatte. In der
Stadt, kurz vor dem Kundgebungsplatz ging es steil bergab, da fuhr
der Trecker mit dem Bühnenwagen auf den Wagen davor auf, wobei
der Trecker stark beschädigt wurde. Zum Glück war das
autonome Zentrum, wo wir übernachteten, auch mit Werkzeug gut
ausgerüstet und so konnte der Trecker während der Nacht
und am nächsten Morgen wieder fahrtüchtig gemacht werden.
Ab Heidelberg
kam ein weiterer Trecker und Wagen mit und auch noch einige Leute
mit Rädern. Es regnete noch ein letztes Mal, von da an hatten
wir nur noch warmes und trockenes Wetter. In Karlsruhe gab es ein
Fest in der Innenstadt auf einem Platz, von dem zuvor oft Obdachlose
und Punker vertrieben wurden. Beim Fest waren sie wieder mit dabei,
aber auch Leute aus ganz anderen Schichten und Gruppen. "Innere
Sicherheit" und Vertreibung waren auch das Thema von Videos,
die gezeigt wurden. Um 11 war Schluß und es war erstaunlich,
wie schnell alles wieder zusammengepackt und der Platz wieder sauber war. Dann gings zum Übernachten
in eine ehemalige Ami-Kaserne.
Am
nächsten Morgen versuchten wir, die Auflaufbremse des
Bühnenwagens, die den Auffahrunfall verursachte, zu reparieren.
Es gelang uns auch dank der Hilfe eines Handwerkers aus dem
Nachbarhaus und seinem Schweißbrenner. Auch hier wuchs die Karawane nochmal etwas
an. Abends wurden wir auf einem Segelflugplatz bei Kehl mit einem Ständchen
und einer großen Essenstafel begrüßt. Im
naheliegenden Dorf gab es eine gutbesuchte Veranstaltung zum MAI, auf der dann auch noch lange
diskutiert wurde.
Am nächsten Tag
fuhren wir zum größten Teil mit Polizeibegleitung. Etwas
unglücklich war, daß sie uns auf einem anderen Weg um
Lahr herumleiteten, als von unserem örtlichen Organisator
geplant war. Er hatte nämlich am Militärflughafen eine
Pressekonferenz angekündigt. Dafür war ein dem
heißen Wetter angemessener Baggersee an der Strecke. Dort
machten wir Pause und auch der Reporter
wurde dorthin umgeleitet.
In Freiburg war in der
Innenstadt schon den ganzen Tag ein Fest im Gange mit Infos zu den
Themen Biovalley (Konzentration von Gentechnik und Pharmazie im Raum
Straßburg - Freiburg - Basel) und Leben im Bauwagen. Auch hier
war die Ankunft großartig. Auf dem Weg zum Park, wo es abends
ein Konzert gab, wurde an zentraler Stelle die Straße gesperrt
und ein Wohnzimmer aufgebaut, um darauf hinzuweisen, daß bei
der Räumung eines Wagenplatzes
Leute auf die Straße gesetzt werden. Auch am nächsten Tag
war gabs wieder Infos und Musik in der Innenstadt, auch das
Frühstück sollte es dort geben. Da der Park schon im
Süden lag, fuhren wir nur mit Fahrrädern hin, um Zeit zu
sparen. Zwei weitere Wägen schlossen sich uns an und so rollten wir mit 6 Wägen und etwa 35 Leuten in Richtung
Schweiz.
Schon lange machten wir
uns Sorgen, ob wir überhaupt über die Grenze gelassen
werden, und wenn, mit wieviel Kontrolle wir zu rechnen hatten. Wir
dachten uns,
daß viel Öffentlichkeit und Anwesenheit von Medien
günstig für uns wäre
und unsere Baseler Freunde dachten das auch. Sie gründeten die
professionell aufgemachte Medienagentur "synergo media",
die unter anderem die Meldung verbreitete, Subcommandante Marcos sei
gerade in der Schweiz und wolle auch zum Grenzübergang kommen, um
die Karawane zu begrüßen. Presse und Fernsehen kamen und wir durften alle rein in die
Schweiz, ein wenig Fahrzeugkontrolle war alles. Der Jubel auf beiden
Seiten war groß und auch die Medien waren zufrieden, obwohl
sie erst etwas beleidigt waren, daß der erschienene Sup nicht der
war, den sie erwartet hatten.
Auf dem Weg durch die Stadt stiegen einige
Baseler dem Konzern Novartis aufs Dach, um dort einen Sketch gegen
Gentechnik aufzuführen. Dann ging es zum Johannes-Park am
Rheinufer, der auch historische Bedeutung hat, dort stand früher ein besetztes Haus, das dann geräumt
und abgerissen wurde.
Momente des Glücks: Die Sorgen hinter uns, einen freien Tag
vor uns und viele sympathische Leute um uns, die die nächste
Woche mit uns fahren oder uns zumindest unterstützen wollten.
Aus Zürich, Wintherthur und der ganzen Schweiz waren sie
gekommen, auch noch einige aus Deutschland, so von der Videogruppe
AK-Kraak. Ein großes Treffen zum kennenlernen, erzählen,
diskutieren, feiern und ausruhen. Am Sonntag gab es
nachmittags eine entsprechend
gutgelaunte Stadtrundfahrt/ Demo mit einem Wagen und ca
80 Fahrrädern.
Als die Karawane am
Montag nach Aarau weiterzog, war sie mit ca 60 Leuten und 7
Wägen fast doppelt so groß wie in Süddeutschland.
Durch die Größe sank aber erstmal auch die
durchschnittliche Geschwindigkeit, da viel Zeit fürs
aufeinander Warten gebraucht wurde. Ärger gabs mit einem
ungeduldigen Autofahrer, der einen von uns bei langsamem Tempo
angefahren hatte, woraufhin sein Auto einen Handschlag abbekam.
Nun hetzte er uns wegen einer angeblichen Beule die Polizei auf
den Hals, um den Täter ausfindig zu machen. Es ergab eine lange Diskussion und dann
konnten wir schließlich doch unbehelligt weiterfahren. Die 15
km vor Aarau waren die einzige Strecke in der Schweiz, wo es
wirklich steil bergauf und dann wieder bergab ging, sonst haben wir uns in Tälern und
auf Hochebenen bewegt.
Auf einer Brücke zum Stadtkern
von Aarau wurden wir nochmal von der Polizei gestoppt. Sie wollten
uns nicht zu der angestrebten Grünanlage in der Innenstadt
lassen, behaupteten sie wäre zu klein und wollten uns in einem
Park am Stadtrand unterbringen. Wieder lange Verhandlungen (die
Strasse war solange blockiert) und dann gings doch, ohne daß
es irgend jemandem zu eng wurde. Abends gabs
noch ein Lagerfeuer und Videos zum Widerstand im Wendland und
über ein französisches Dorf, das Widerstand gegen einen
Steinbruch eines Schweizer Konzerns leistet.
Der
Sitz dieses Konzerns in Offtringen lag fast auf der Strecke
nach Solothurn, ebenso das Atomkraftwerk Gössgen, so daß
wir beiden einen Besuch abstatten wollten. In Gössgen wollten
wir eigentlich das AKW abschalten, aber wir kamen nicht ran an den
Schalter und so hinterließen wir nur ein paar
Straßenmalereien sowie eine zusätzliche Kette mit
Schloß am Tor, um die Sicherheit zu erhöhen. In
Offtringen waren die Eingänge des Prunkpalastes schon dicht mit
Polizei und Werksschutz besetzt, da entdeckten wir im seitlichen
Ziergarten einen Springbrunnen. Das war bei dem heißen Wetter
genau das richtige Objekt für uns zum Besetzen. Wir badeten
recht ausgelassen und irgendwann artete es zu einer Schlammschlacht
aus, bei der auch die großen Fenster nicht unbeteiligt
blieben. Schließlich verteilten wir noch ein paar
Flugblätter über den Steinbruch auf dem Brunnen und an den
Fenstern, um klarzumachen weshalb wir eigentlich gekommen waren. In Solothurn gab es keine
örtliche Vorbereitungsgruppe, der Platz wurde von Bern aus organisiert. So hatten
wir mal einen Abend nur für uns, ohne
Demo oder öffentliche Veranstaltung, aber mit Videos von
AK-Kraak.
Auch auf dem Weg nach
Bern gab es ein besuchenswertes Objekt, einen Frauenknast in
Hindelbank. Wir wollten den zum großen Teil
ausländischen Frauen dort solidarische Grüße
übermitteln und entwarfen einen Text in mehreren Sprachen. Vor
dem Knast spielten wir über eine mobile Lautsprecheranlage
Musik und verlasen dann die Texte. Um die Grüße noch ein
bischen zu bekräftigen, wurde am Zaun gerüttelt, was sich
als verhängnisvoll erwies. Der Zaun war nämlich
hochsensibel, es rissen Drähte und der obere Teil kippte weg.
Von diesem unerwarteten Erfolg angespornt, wurde auf dem
Rückweg zu den Fahrzeugen noch an anderen Stellen
mit ähnlichen Ergebnissen am Zaun
gerüttelt. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten.
Wir mußten einen Bogen fahren, um wieder auf die Straße
nach Bern zu kommen, während einige Polizeiwannen einen
direkteren Weg von der Rückseite des Knastes nutzen konnten.
Sie versperrten uns den Weg und wollten unsere Personalien
feststellen. Da wir sie aber verweigerten und sie nicht die
nötige Übermacht hatten, ließen sie uns erstmal
wieder weiterziehn.
In Bern gings erstmal zur Reitschule, die jetzt aber nichts
mehr mit Reiten zu tun hat, sondern ein großes autonomes
Zentrum ist mit Kneipe, Konzertraum, Theater, Kino, Infoladen,
Druckerei, Werkstätten und einer großen (Reit-)Halle. Hier gab es eine Pause und was
zu trinken, dann gings weiter zur angekündigten Velodemo (Velo
=Fahrrad) in die Innenstadt, die ihren Abschluß am
Bärenplatz fand. Dort gabs dann ein Fest bis in die Nacht mit
Musik und Volksküche. Übernachtet wurde dann in einem Park
weiter außerhalb.
Der folgende Tag war einzige, der uns nicht so
gut gefiel, obwohl er auch ein paar lustige Szenen bot. Wir waren
auf dem Weg nach Fribourg kurz hinter Oberwangen, als vor uns
jede Menge Polizeiwannen auftauchten und anhielten. Hinter uns
dasselbe. Dann stiegen sie aus, hochgerüstet mit Schildern und
Gewehren für Tränengasgranaten oder Gummigeschosse und
kamen auf uns zu.
Angesichts dieser Armee war unsere Verhandlungsposition nicht so
gut wie sonst und wir mußten uns dem fügen, was sie mit
uns vorhatten. Die Fahrräder mußten
wir abstellen, wir wurden eingedost und zu einem Zivilschutzzentrum
gebracht, das sie für uns schon vorbereitet hatten. Die Trecker
und LKW-Fahrer mußten mit Begleitung zu einer Sandkuhle
fahren, wo die Wägen abgestellt wurden.
In dem
Zivilschutzzentrum wurden wir Frauen und Männer
getrennt untergebracht und es hat ewig lange gebraucht, bis sie endlich
fertig waren mit Personalien aufnehmen und fotografieren.
Zwischendurch kam ein Untersuchungsrichter vorbei und klärte
uns darüber auf, was wir für Verbrecher waren,
Landfriedensbruch und "qualifizierte
Sachbeschädigung". Angeblich soll die Schadenshöhe
mehrere zehntausend Franken betragen. Wir wollten gern mehr wissen,
was das qualifizierte daran sei und was an dem Draht so teuer sein
soll, aber er ging auf keine unserer Fragen ein. Auch die Polizisten ignorierten unsere Anfragen und Bitten, so
nach einem Arzt wegen einer Verletzung am Finger, nach
Medikamenten, die jemand regelmäßig einnehmen
mußte, genauso wie die nach Essen oder nach Decken, weil es
kalt im Raum war und wir als Radfahrer draußen in der Sonne
nur leicht bekleidet waren. Dann wurden wir nacheinander wieder in
Wannen verfrachtet, dabei sortiert nach Schweizern und
Nichtschweizern, was schon auf eine Abschiebung hindeutete. Dabei haben sich einige Schweizer
netterweise als Deutsche ausgegeben, so daß wir alle erneut
sortiert werden mußten, als sie das nach einiger Zeit merkten.
Dann
wurden wir in die Sandkuhle zu den Wägen gebracht, um unsere
Sachen zu packen und unsere Fahrräder zu benennen. Dabei zeigte
sich, daß in der Zwischenzeit alles durchwühlt worden
war, so daß einige recht lange brauchten, um ihre Sachen
wieder zusammenzusuchen. Einige Sachen waren auch ganz verschwunden,
so zB eine Tasche mit einem tragbaren Computer. Es gab weder
Quittungen noch eine Liste, was alles beschlagnahmt wurde. Auch
die anwesenden Polizisten hatten keine
Ahnung davon. Dann wurden wir zum Grenzübergang Basel/Weil
gefahren und in einem anderen Wagen unsere Fahrräder und das
Gepäck. Da uns die Polizisten nicht sagen konnten oder wollten,
ob mit der Abschiebung ein Einreiseverbot verbunden war, probierten
zwei Leute es einfach aus. Ihnen wurde von den Grenzbeamten gesagt,
daß sie 2 Jahre Einreiseverbot hätten und daß
Verstöße dagegen mit bis zu 2 Jahren Knast bestraft
werden könnten. Es war 10 Uhr abends und es stellten sich die Fragen "Was nun?" und
"Wohin?". Zum Glück kamen bald ein paar Leute aus
Basel und aus Lörrach, wobei uns die Lörracher ihren
Infoladen als
Exil-Unterkunft anboten und uns auch dorthin brachten.
Der Abend
und der nächste Tag in Lörrach war etwas chaotisch. Viele
Leute auf engem Raum, Informationen besorgen, Presseerklärungen
schreiben, Adressen und Faxnummern erkunden, überlegen was wir
weiter machen wollen. Das Telefon lief heiß und schon bald war
klar, daß wir wohl die nächste Telefonrechnung des
Infoladens zahlen müßten. Wir einigten uns darauf,
dafür das
Schweizer Münzgeld aus den Spendendosen in Lörrach zu
lassen. Gegen Mittag kamen
auch unsere Fahrer und Fahrerinnen an, die die Nacht noch in
Schweizer Knästen verbringen mußten. Von ihnen erfuhren
wir, daß unsere Festnahme sogar im Schweizer Fernsehen gezeigt
wurde. Die Karawane wurde von den Mitfahrern aus der Schweiz
weitergeführt, die öffentlichen Wägen
(Küchen-,Bühnen- und Gepäckwagen ) wurden mitgenommen
nach Genf, die anderen nach
Basel gebracht. Wir beschlossen, durch Frankreich an die Genfer Grenze zu fahren,
uns dort am Sonntagabend mit der Restkarawane wiederzuvereinigen und die Wägen
abzuholen.
Ein bischen Theater wollten wir auch noch machen an der
Grenze, irgendetwas Aufsehen erregendes. Erst war da die Idee eines
strippenden Männerballets, sie wurde dann
weiterentwickelt und politisiert zu einem Strip-Monopoly
Spiel
(statt Miete mußten die Habenichtse Kleidungsstücke an
die Straßenbesitzer abgeben). Durch den Inhalt der
Ereigniskarten und die Erweiterung des Spiels um Polizisten konnten
wir noch einige unserer Erlebnisse mit einbauen. Am Samstag war auch
noch Flohmarkt in Lörrach, also schöne
Sachen zum an- und ausziehen in großer Auswahl.
Wir mieteten zwei Kleinbusse und fuhren los,
erstmal zu einem Bauernhof in der französischen Jura, der uns
von Genf als Übernachtungsmöglichkeit vermittelt wurde. Er
überraschte uns mit jugendherbergsähnlichen
Schlafsälen und einem revolutionären
internationalistischen Anspruch. Wir wurden mit einem reichhaltigen
Abendessen begrüßt und bekamen am nächsten Tag auch noch Frühstück und Mittagessen.
Es wurde nichts dafür verlangt, sondern nur um Spenden gebeten,
wie wir es auch von den Volksküchen her kennen. Vor dem
Mittagessen bereiteten wir unser Spiel weiter vor, leider blieb uns keine Zeit mehr, den Bauernhof zu
besichtigen.
In Annemasse an der Grenze nach Genf
wartete die restliche Karawane schon auf uns. Wir hatten uns schon
recht liebgewonnen in den Tagen gemeinsamer Fahrt und Aktion, so war
die Wieder-sehensfreude riesig. Das Stripopoly auf einem Streifen
im "Niemandsland" war eine Mordsgaudi, schade daß
nicht noch mehr Zuschauer da waren. Danach
saßen wir noch lange auf dem nahen Parkplatz und hatten uns
viel zu erzählen. Die Karawane doch noch bis Genf
weiterzuführen war ziemlich strapaziös. Nach der
Freilassung kamen unsere Freunde und Freundinnen wieder in Bern
zusammen und mußten sehr früh morgens los, um an einem
Tag bis Lausanne zu kommen. Am nächsten Morgen wieder früh
raus, um rechtzeitig (14 Uhr) zur Global Street Party in Genf zu
sein. Trotzdem soll es sehr schön gewesen sein. Auch in der
Nacht zum Sonntag war es nichts mit Ruhe, da der Platz
nach Randale in der Stadt zum Brennpunkt einer schweren
Auseinandersetzung mit Tränengas und Pflastersteinen
wurde.
Allmählich wurde es Zeit, Abschied zu
nehmen. Wir wollten noch ein paar km raus aufs Land einen Platz
suchen, wo die Wägen über Nacht bleiben konnten. Ein paar
Schweizer kamen noch mit dorthin, die anderen gingen zurück
nach Genf. Klar war, daß wir uns alle bald mal wiedersehen
wollten,
zB auf der EZBankDemo in Frankfurt (27.6.98)
oder im
September auf der Fete des Dresdener Hüttendorfs. Als wir einen Platz gefunden hatten, gabs
noch Lagerfeuer, Rotwein, Suppe und viele Gespräche, dann
hieß es auch hier Abschied nehmen, denn die Mietbusse mußten morgens um 9 wieder in
Lörrach sein.
Die Karawane und ihre
Vorbereitung war anstrengend, stressig, chaotisch und kostete viel
Zeit, Mühe und Geld. Dennoch können wir sagen: Wir bereuen
nichts. Und soweit wir das überblicken können, sehen das
die meisten Beteiligten ähnlich, ob jetzt Mitfahrer oder
örtliche Unterstützer. Es ist nicht leicht, das
begeisternde der Karawane rüberzubringen, wie auch die
Inhaltsangabe eines Films oder Theaters oft das wesentliche nicht
treffen kann.
Es war ein Erlebnis: von Solidarität und
Selbstorganisation, von Einheit und Vielfalt, von Hoffnung und
Stärke...Und es war ein Kontrastprogramm zum herrschenden
System.
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